ERINNERUNGSKULTUR: BERLIN, 13. AUGUST 1961
MAUERN: BERLIN–Nürnberg–Eckental-weltweit

Berlin, Blick über die Mauer von West nach Ost | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
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  • Berlin, Blick über die Mauer von West nach Ost
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LIEBE LESER, VORLESER UND ZUHÖRER!
Seit Menschengedenken gibt es Mauern. Mauern können das Trennen oder Zusammenführen von Menschen, Krieg oder Frieden bedeuten, sie können Schutz vor Naturgewalten bieten, Stützmauer sein, Grenze, Festung, Heiligtum, ein Ort der Geborgenheit oder ein Ort der Bestrafung oder der Willkür sein, aber auch ein Kunstwerk. Mauern können beschützen, aber auch voneinander trennen. Mauern, die trennen, bedeuten oft - egal ob in der Realität oder in den Köpfen und/oder in den Herzen -, dass die Menschen aufgehört haben, miteinander zu reden, dass sie nicht in Frieden zusammenleben können, dürfen oder wollen. Mauern, die beschützen, sollen Geborgenheit im besten Sinne bieten, sowohl nach dem Motto "Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein" (aus "Faust" von Johann Wolfgang von Goethe) wie auch nach dem weit verbreiteten Motto der Engländer „My home is my castle“ =  „Mein Zuhause ist meine Burg“.

Historische Mauern
Deutschland, Berlin: Kaum ein Bauwerk im Deutschland der Nachkriegszeit erlangte solch eine traurige Berühmtheit wie die Berliner Mauer, die am heutigen 62. Jahrestag, dem 13. August 1961, errichtet wurde, um die Bürger der DDR an der Ausreise in die BRD, die andere, freie Hälfte des Landes, zu hindern. Graue Betonplatten und Stacheldrahtverhaue halbierten ab diesem Tag eine Weltstadt, rissen Familien, Nachbarn und Freunde auseinander. Den Menschen stand das Entsetzen und die Angst in den Gesichtern geschrieben.

Sie trauten ihren Augen und Ohren nicht, hatte doch der damalige Staats- und Parteichef der DDR, Walter Ulbricht, noch kurz vorher auf einer Pressekonferenz mit seiner für ihn charakteristischen  sächsischen Singsang-Stimme gesagt:
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“.
Nach dem Bau der Mauer verloren immer wieder DDR-Bürger bei dem Versuch, diese menschenrechtsverletzende, gnadenlose Trennmauer zu überwinden, ihr Leben. Jedes Jahr wird am Tag des Mauerbaus, dem 13. August, an die Menschen, die wegen ihres Wunschs nach einem Leben in Freiheit getötet worden sind, in feierlichen Gedenkstunden gedacht.
Aber einige Todesmutige waren doch auch erfolgreich und es gelang ihnen die lebensgefährliche Flucht aus der Diktatur in die Freiheit.

„Ich möchte über Mauern springen, wieder unbefangen Worte sprechen und verbotene Lieder singen, zuversichtlich und ohne Angst vorwärts geh‘n, meine Sicht der Dinge seh‘n und über manchen Dingen steh‘n. Ich möchte ohne Grenzen leben, reden, lesen, lieben, frei und glücklich sein …“.

Österreich, Wien: Miteinander-Füreinander: Verliebte im Schutz einer Mauer beim miteinander Lesen, füreinander Vorlesen und einander Zuhören | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
  • Österreich, Wien: Miteinander-Füreinander: Verliebte im Schutz einer Mauer beim miteinander Lesen, füreinander Vorlesen und einander Zuhören
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Nach 28 Jahren war in Berlin endlich die Zeit der Mauer und der gewaltsamen Trennung vorbei. Der beharrliche, friedliche Protest der Menschen in Ostdeutschland hatte endlich gesiegt über die Macht der herrschenden Staatsregierung. Legendär ist auch die dringliche Aufforderung des damaligen US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagon beim Besuch der Berliner Mauer im Jahr 1987:
Mister Gorbatschow, tear down this wall!"
Am 9. November 1989 war es dann endlich soweit: Auf einer Pressekonferenz antwortete der DDR-Politbüro-Sprecher Günter Schabowski auf die Rückfrage nach dem Zeitpunkt der Grenzöffnung zur BRD:
"Nach meiner Kenntnis ist das ... ab sofort, unverzüglich".

Da gab es kein Halten mehr: die Menschen, von Jung bis Alt, stürmten wie im Rausch die Übergänge nach West-Berlin. Sie kletterten auf die Mauer, zogen sich gegenseitig hoch, lachten, tanzten und umarmten sich mit Tränen. Die Freude war generationenübergreifend und grenzenlos. Das war das Ende dieser von Menschen gegen Menschen aus ein und derselben Nation errichteten überdimensionalen Trennwand aus Beton. Heute, 2023, nach 34 Jahren der Wiedervereinigung, sehen manche Mitbürger in den Köpfen einiger anderer leider immer noch eine Mauer, die zwar nicht sichtbar, aber doch fühlbar und schwer zu überwinden ist.

Ein Freiheitslied über Mauern und Blumen (Richard Demel, 1863-1920)
Es ist nun einmal so, seit wir geboren sind:
die Blumen blühen wild und bunt,
wir aber mauern Wände gegen den Wind.
Es wird wohl einmal sein, wenn wir gestorben sind:
dann blühen die Blumen noch immer so,
und über unsere Mauern lacht der Wind.

Nürnberg: Die Nürnberger Burg mit ihren mächtigen Mauerwallanlagen war im Mittelalter eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Über Jahrhunderte stand sie im Zentrum europäischer Geschichte, war sicherer Stützpunkt und repräsentatives Absteigequartier des Reichsoberhauptes. Diese Wehranlage wird als eine der längsten und besterhaltenen in Europa bezeichnet.

Nürnberg, Burgmauer mit Burg | Foto: Dr. Manfred Schildknecht

Eckental, Eschenau:  Gedenkmauer im Kirchhof der Bartholomäus Kirche für die im Weltkrieg gefallenen und vermissten Mitmenschen aus der Gemeinde.

Evangelische Kirche Eschenau, Kirchhof: Gedenkmauer  für die im Weltkrieg Gefallenen und Vermissten | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
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Eckental, Eckenhaid: Friedhofsmauer beim Friedhof der evangelischen Gemeinde mit dem Eingangstor zu den Gräbern der Menschen, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Dieses Eingangstor ist gleichzeitig das Ausgangstor für die Lebenden zurück in ihren weltlichen Alltag.

Evangelischer Friedhof Eckenhaid: Mauer mit Eingangs- und Ausgangstor | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
  • Evangelischer Friedhof Eckenhaid: Mauer mit Eingangs- und Ausgangstor
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Weltweit: Auch in anderen Ländern rund um den Globus wurden und werden bis heute aus verschiedenen Gründen Mauern gebaut. Hier nachfolgend zwei weltberühmte Beispiele: 

China: Kein Bauwerk weltweit ist länger als die Chinesische Mauer. Sie wurde vor rd. 2.000 Jahren als militärische Anlage zum Schutz vor Reitervölkern aus dem Norden gebaut. Der letzte große Ausbau erfolgte unter den Ming-Kaisern im 14.-17. Jahrhundert; insgesamt soll sie ungefähr 6.500 - 8.000 Kilometer lang gewesen sein. 1987 wurde die Mauer zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.

Die Chinesische Mauer | Foto: Dr. Manfred Schildknecht

Israel: Eine Mauer für Gebete: die Klagemauer in der Altstadt von Jerusalem ist die wichtigste religiöse Stätte für Menschen jüdischen Glaubens weltweit. Diese historische Stätte ist rd. 50 m lang und rd. 20 Meter hoch und bekam ihren Namen, weil Besucher kleine Zettel mit ihren Gebeten und Bitten in die Mauerspalten stecken, um sie so Gott zu Gehör zu bringen.

Israel, Jerusalem: Klagemauer  | Foto: Dr. Manfred Schildknecht

Kunst+Kultur+Natur auf, vor und mit Mauern, gestern und heute:
eine kleine Auswahl

Mauern und Wände zu bemalen war in der Vergangenheit bei Künstlern sehr beliebt und ist es bis heute. Eines der berühmtesten Wandgemälde, ein sogenanntes Fresko, aus der Zeit der Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert ist das „Abendmahl“ des italienischen Künstlers Leonardo da Vinci.

Italien, Fresko "Abendmahl" auf Kirchenmauer | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
  • Italien, Fresko "Abendmahl" auf Kirchenmauer
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Heutzutage werden Mauern auch oft als Informationsträger genutzt, um mit meist grellbunten Zeichnungen und Schriftzeichen, sogenannten Graffiti, den Vorübergehenden oder –fahrenden Botschaften zu präsentieren oder einfach zu zeigen "Hier war ich".

Nürnberg, Graffiti mit der Botschaft "ICH    DU    WIR.    WANN? | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
  • Nürnberg, Graffiti mit der Botschaft "ICH DU WIR. WANN?
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Kunstvolle Trockenmauern in Landwirtschaft, Weinbergen, Parks und Gärten erfüllen nicht nur einen konkreten Sinn und Zweck, sondern erfreuen auch das Auge des Betrachters, wie z.B. die Trockenmauer in meinem Garten mit kleinen, sich selbst aussäenden "Mauerblümchen".

"Mauerblümchen" auf Trockenmauer (hier: Küchenschelle) | Foto: Dr. Manfred Schildknecht
  • "Mauerblümchen" auf Trockenmauer (hier: Küchenschelle)
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Nun wünsche ich allen Lesern, Vorlesern und Zuhörern einen schönen Sonntag, auch im Gedenken an die völlig gegensätzlich ereignisreichen Tage in Berlin am 13. August 1961 sowie am 9. November 1989, mit dem Lied, das die "Scorpions", eine deutsche Rockband aus Hannover, kurz nach der Wiedervereinigung gesungen haben: "Wind of change" = "Wind der Veränderung".
Mit der glücklichen, gewaltlosen Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland traf der Liedtext mit den Zeilen
"... Der Wind der Veränderung bläst geradewegs ins Gesicht der Zeit,
wie ein Sturm, der die Freiheitsglocke für den FRIEDEN der Gedanken läuten wird
..."
den damaligen Zeitgeist und drückte ein Gefühl der DANKBARKEIT, ZUVERSICHT und HOFFNUNG darauf aus, dass wir ALLE in der Zukunft in einer friedlicheren Welt leben wollen und können.
Adé, Tschüss und Auf Wiedersehn!
Annegret Schildknecht
ehrenamtliche –Vorleserin, -Sozialbetreuerin/-Hospizbegleiterin, -Klinikseelsorgerin, -TelefonPatin, KulturPatin gegen Einsamkeit im Alter

Hinweis:
Das Copyright für die Fotos liegt bei Dr. Manfred Schildknecht.
Alle Beiträge zu meinen digitalen Lese- und Vorlesestunden siehe hier (bitte anklicken) oder unter:
www.wochenklick.de/vorlesen
www.wochenklick.de/kuk und klick
www.wochenklick.de/kulturpaten

Autor:

Annegret Schildknecht aus Eckental

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