Der Gloss'n Hans macht sich Gedanken
Leichte Sommer-Kost

Sie wer’n lachen, aber in manchen Dingen hat Nachlässigkeit auch ihre Vorteile. Zum Beispiel im Garten, wenn sie Diversität und naturnahe Lebensräume fördert. Der Trend geht ja zur freien Entfaltung von Flora und Fauna, und da habe ich durchaus ein gutes Gewissen. Bis jetzt.
Vor zwei, höchstens drei Jahren muss es gewesen sein, dass ich mich erstmals an einigen gelben Blümchen im Gras erfreut habe. Die frischen Farbtupfer haben sogar Uhr und Kompass: Sie öffnen sich in der Vormittagssonne, blicken lieblich genau Richtung Küchenfenster und mittags schließen sich die Blüten wieder. Im Folgejahr wurde die Freude getrübt durch die Erkenntnis, dass sich die blühende Fläche recht unangenehm beschreiten lässt. Und dass dort, wo sie floriert, kein Gras mehr wächst. Auch sonst nichts. Die Natur steht auf Mono­kultur: immer mehr und mehr, immer längere, kräftigere Stängel. Die okkupierte Fläche hat sich verdoppelt, vervier- und verachtfacht. Sie reicht schon bis vors Küchenfenster, durch das mich die gelben Invasoren höhnisch anglotzen.
Wahrscheinlich ist es die Acker-Gänsedistel. Ich gönne es allen Wildbienen und Schmetterlingen, nach dem Frühjahr noch mehr Blüten zu finden. Aber die Beschreibungen der „Sonchus arvensis“ reichen von „Hingucker im naturnahen Garten“ über „ausbreitungsfreudiger Insektenmagnet“ bis hin zu „gefürchtetes Unkraut“. Sie überwintert im Boden, kann metertief wurzeln und hüfthoch wachsen. Aus kleinsten Wurzelstücken bildet sie neue Pflanzen und aus den Blüten flugfähige Samen.
Immerhin ist sie ist essbar. Manche Arten sollen früher als „Saudistel“ an Gänse und Schweine verfüttert worden sein. Ich werde meine Ernährung umstellen und mich als Selbstversorger mit Messer, Gabel, Essig und Öl der gelben Flut entgegenstemmen. Mahlzeit.
Ihr Gloss’n Hans

Autor:

Gloss'n Hans aus Eckental

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