ERH-WIRTSCHAFTSGESPRÄCH IN ECKENTAL
Thema „ausländische Fachkräfte”

Nach dem Landrat begrüßte auch Bürgermeisterin Ilse Dölle (links) die Teilnehmer des Wirtschaftsgesprächs in Eckental. Sie betonte die Möglichkeiten einer Kommune, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken durch attraktive Lebensbedingungen und gute Bildungsangebote – nicht nur für anzuwerbende Fachkräfte, sondern auch für Menschen, die ihre Heimat bereits verlassen mussten und sich hier integrieren wollen. | Foto: Uwe Rahner
  • Nach dem Landrat begrüßte auch Bürgermeisterin Ilse Dölle (links) die Teilnehmer des Wirtschaftsgesprächs in Eckental. Sie betonte die Möglichkeiten einer Kommune, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken durch attraktive Lebensbedingungen und gute Bildungsangebote – nicht nur für anzuwerbende Fachkräfte, sondern auch für Menschen, die ihre Heimat bereits verlassen mussten und sich hier integrieren wollen.
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Aktuell zählt der Landkreis Erlangen-Höchstadt zu den 25 zukunftsstärksten von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland. Das ergab die Ranking-Studie „Zukunftsatlas 2022“ des Baseler Analyse- und Beratungsunternehmens Prognos AG (wie im wochenblatt vom 12.10.2022 berichtet). Um die Stärken als Wirtschafts- und Lebensstandort zu erhalten und zu fördern, veranstaltet die Wirtschaftsförderung des Landkreises seit 2009 unregelmäßig Wirtschaftsgespräche mit Unternehmerinnen und Unternehmern.

Am 11. Oktober 2022 begrüßte Landrat Alexander Tritthart die Teilnehmer zum Wirtschaftsgespräch mit dem Thema „Fachkräfte aus dem Ausland“ im Landgasthof „Weißer Löwe“ in Eschenau. Neben Fachleuten aus dem Landratsamt boten Referenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittelfranken, der Initiative zur Fachkräftesicherung Taskforce FKS+ der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) und der Bundesagentur für Arbeit Informationen und Raum für Diskussionen.

IHK berät und unterstützt
Addis Mulugeta erläuterte den „Firmenservice Internationale Fachkräfte“ der IHK Nürnberg für Mittelfranken, der Arbeitgeber dabei unterstützt, die Qualifikation ausländischer Fachkräfte einzuschätzen und gegebenenfalls für eine Anerkennung anzupassen.

Initiative für Fachkräfte­sicherung FKS+
Für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) stellte Miria Neureiter eine Initiative „Taskforce Fachkräftesicherung FKS+“ vor. Diese berät kostenfrei als Schnittstelle zwischen Unternehmen, Behörden und Bewerbern zu Bedarfsbenennung, Fördermitteln, Qualifizierung in bestehenden Arbeitsverhältnissen und Personalsuche im In- und Ausland.

Bundesagentur vermittelt über Portale und individuell
Maximilian Emmerling und Christina Haupt von der Bundesagentur für Arbeit berichteten über die erfolgreiche Rekrutierung von Fachkräften für Gesundheitsberufe. Hochqualifizierte könne man weltweit vermitteln, gering qualifizierte Helfer nur EU-weit. Die Bundesagentur ist zudem vernetzt mit dem EU-Portal EURES zum Austausch von Arbeitskräften in Europa und dem Portal der Bundesregierung „Make it in Germany“ für Bewerber und Arbeitgeber. Darüber hinaus könne man versprechen, für jedes Anliegen eine individuelle Lösung zu finden.

Behörden sind selbst vom ­Fachkräftemangel betroffen
Sachgebietsleiterin Eva Schneiderwind vom Landratsamt erläuterte die Optionen, Fristen und Kosten, die sich aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ergeben, insbesondere die Möglichkeit eines beschleunigten Fachkräfteverfahrens mit Vorabzustimmung durch ihre Behörde. Sie bat aber auch um Verständnis dafür, dass nicht jede Anfrage umgehend bearbeitet werden kann, weil auch ihre Abteilung mit Fachkräftemangel und unbesetzten Stellen konfrontiert und gleichzeitig durch die Erfassung ukrainischer Flüchtlinge stark belastet ist.

Ohne ausländische Kräfte würde das Gesundheitssystem kollabieren
Dies bestätigte auch Landrat Alexander Tritthart, ausdrücklich stolz auf das, was seine Mitarbeiter derzeit leisten. Auch als ausführende Behörde wünsche man sich manchmal eine weniger umständliche Bürokratie, sei aber an Gesetze und Verordnungen gebunden. Dies betreffe auch die aus der Versammlung angesprochenen starren Vorgaben für den Besuch von Integrationskursen.

Eckentals Bürgermeisterin Ilse Dölle appellierte an die Unternehmer und Vermittler, auch an das Potenzial der Menschen zu denken, die bereits im Land Aufnahme gefunden haben, und dabei die große Kompetenz der örtlichen Flüchtlingsorganisationen zu nutzen.

Die Vermittlung durch die Bundesagentur wurden in der Runde sowohl gelobt als auch kritisiert. „Sie reiten einen toten Gaul, Deutschland ist mit hohen Abgaben und Kosten nicht mehr attraktiv für Qualifizierte“ war eine Aussage. Eine andere thematisierte das offene Bekenntnis vieler Bewerber, sie wollten gar keine Anstellung, sondern nur einen schriftlichen Beleg, dass sie sich vorgestellt haben und dadurch Bedingungen der Vermittler erfüllen. So etwas komme wohl vor, bestätigte Maximilian Emmerling von der Bundesagentur für Arbeit, aber aus langjähriger Erfahrung könne er sagen, dass Motivation und Erfolg der Bewerber weniger von Herkunft und kulturellem Hintergrund abhängen, sondern vor allem vom persönlichen Charakter.

Dass die Bundesagentur wie vorgetragen in 18 Projekten bereits 6.800 Fachkräfte in Gesundheitsberufen integriert habe, sei beachtlich, aber „ein Tropfen auf den heißen Stein“, führte Bastian Ringelhann an. Der kaufmännische Direktor der m&i-Fachklinik Herzogenaurach mahnte: „Hätten wir die ausländischen Pflegekräfte und Ärzte nicht, würde das Gesundheitssystem kollabieren.“

Mehr auf Unternehmen hören
Hingewiesen wurde auch auf eine Lücke im Spektrum der Qualifikationen: Vermittlungs- und Beratungsangebote berücksichtigen oft entweder Hochschulabsolventen oder ungelernte Helfer, weniger die wichtige Ebene der Meister und Facharbeiter. Die Unternehmen müssten besser eingebunden, ihre Bedürfnisse und Anforderungen gehört und berücksichtigt werden.Dieser Aspekt bestätigte die Arbeit der Wirtschaftsförderung: Genau dies sei einer der Gründe für die Wirtschaftsgespräche, bei denen Unternehmen ihre Erkenntnisse in offener Runde ansprechen können, schloss Alexander Tritthart.

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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