Obstbau-Fachveranstaltung in Weingarts
Obstbau zwischen Sorgen und Chancen

Ein möglichst attraktiver Auftritt im Handel ist wichtig, um für heimisches Obst auskömmliche Preise zu erzielen. | Foto: Uwe Rahner
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  • Ein möglichst attraktiver Auftritt im Handel ist wichtig, um für heimisches Obst auskömmliche Preise zu erzielen.
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Zur diesjährigen Obstbaufachveranstaltung der Franken Obst GmbH konnte Geschäftsführer Manuel Rauch am 15. März knapp 200 Obsterzeuger im Saal der DJK Weingarts begrüßen. Die Franken Obst GmbH wurde 2007 als Erzeugerorganisation von den drei Obstbaugenossenschaften AVG Igensdorf e. G., Groß­markt Pretzfeld e. G. und AVG Mittelehrenbach e. G. ins Leben gerufen mit dem Ziel, den Absatz der Obsterzeugnisse und damit den Obstanbau zu fördern und zu erhalten.

In den Genossenschaften ist ein Großteil der Landwirte organisiert, die von der Fränkischen Schweiz übers wochenblatt-Land bis ins Spalter Land Obst ernten und vermarkten. Etwa 800 aktive Erzeuger zählen zu den Mitgliedern, zusammen bewirtschaften sie rund 1.250 Hektar, oft im Nebenerwerb mit Anbauflächen von durchschnittlich einem Hektar.

Schwerpunkt auf Kirschen und Zwetschgen

Vor den Fachvorträgen betonten am Rednerpult Landrat Dr. Hermann Ulm und Kreisbäuerin Christine Werner die Bedeutung des Obstanbaus für den Landkreis Forchheim. Kirschenkönigin Lena I wandte sich in einer Videobotschaft an die Landwirte: "Danke, dass Ihr noch Kirschenbauern seid und Euch um die Bäume kümmert".

Steigende Anforderungen, unsichere Erträge

Karl-Ludwig Rostock vom Bayerischen Erwerbsobstbau-Verband e.V. beschrieb die schwierige Lage seiner Mitglieder zwischen wirtschaftlichen Anforderungen und der oft fehlenden Bereitschaft von Verbrauchern und Lebensmitteleinzelhandel, heimische Produktion zu honorieren. Angesichts der leeren Regale in England wies er auf den deutschen Selbstversorgungsgrad bei Obst und Gemüse zwischen 25 und 30 Prozent hin.

Mehr Freude hatten die Zuhörer am Vortrag von Dr. Michael Neumüller vom Bayerischen Obstzentrum in Hallbergmoos. Er erläuterte die Vorzüge neu gezüchteter Sorten. Die Zwetschge „Franzi“ ist frosttolerant, „Moni“ ist hitzeresistent sowie lange ernte- und lagerfähig. Neue Apfelsorten werden an der Anschnittfläche nicht braun, können energiesparend bis zur nächsten Saison gelagert oder von Allergikern genossen werden. Auch bei Birnen ist die Lagerfähigkeit einer der wichtigen Aspekte, die den Mehrwert von Neuzüchtuungen bestimmen: Arbeitsbedarf, Pflanzenschutzaufwand, Ertrag, Vermeidung von Nachernteverlusten – und natürlich Geschmack und die Marktfähigkeit durch Attraktivität für Verbraucher. Das heimische Angebot, so der Diplom-Agraringenieur, sollte „nicht austauschbar“ werden.

Der Rückblick von Thomas Riehl vom AELF Kitzingen-Würzburg auf das Obstjahr 2022 war geprägt von der Verdreifachung der „heißen Tage“ über 30 Grad gegenüber dem Durchschnitt. Neben dem Wetter bereiten Schädlinge Sorgen sowie die abnehmende Vielfalt an Präparaten für den Pflanzenschutz.

Zu diesem Thema brachte BASF-Fachberater Roland Schmitt eine gute Nachricht mit: Das neu bis 2030 zugelassene Azol-Fungizid namens Belanty weise ein breites Wirkungsbild und höchste Wirksamkeit gegen zahlreiche Pilzkrankheiten auf. Azole würden sogar in Hautcremes Verwendung finden, Belanty habe sich als nützlingsschonend und nicht bienengefährdend erwiesen. Die Anwendung empfehle sich nicht nur im Weinbau und für Kern- und Steinobst, sondern ebenso für Gemüse wie Kartoffeln und Spargel.

Nicht nur Schädlinge gefährden den Obstanbau, sondern auch Wetterextreme. Darauf wiesen Matthias Erkenbrecher und Tobias Hegwein vom Spezialversicherer Vereinigte Hagel hin. 2023 ist die erste Saison, in der eine landwirtschaftliche Mehrgefahrenversicherung unter bestimmten Umständen vom Freistaat Bayern mit bis zu 50 Prozent gefördert wird. Neben Hagel ist vor allem der Frost bei den Obstbauern gefürchtet. Weil die Blüte statistisch alle 10 Jahre um vier Tage früher stattfindet, steigt das Risiko, dass sie mit Spätfrösten zusammentrifft.

Wissenschaftliche Versuchs­reihen in Igensdorf

Spätfrostabwehr und die Thermodynamik in der Kirschenanlage war eines der praktischen Themen von Gartenbau-Ingenieur Jonas Maußner von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Er berichtete auch von Sortenversuchen in Thüngersheim und den Ergebnissen hinsichtlich Fruchtgröße, Geschmack, Ertrag, Festigkeit und Platzresistenz. Immer wichtiger, wird auch die Bewässerung und die Wassereffizienz im Kirschenanbau.

Intensiv untersucht hat Maußner die Einflüsse auf die Haltbarkeit frisch geernteter Kirschen. Zwischenlagerung, Sortierung und Temperaturverlauf haben großen Einfluss auf den Stoffumsatz und damit auf die Attraktivität der empfindlichen Früchte im Handel. In den Hallen der Franken Obst in Igensdorf hat Jonas Maußner seine Versuche mit der Eiswasserkühlung wissenschaftlich dokumentiert und ausgewertet. Mit dieser Methode können Kirschen in 15 Minuten von über 30 Grad auf sieben Grad abgekühlt werden und dann deutlich attraktiver im Handel ankommen.

Heimisches Obst ist Mehrwert

Im Absatz an den Lebensmittelhandel entscheidet sich letztlich, wie attraktiv der Obstanbau für die Landwirte bleibt. Dort konkurriert heimisches Obst mit Importware, bei der die Arbeitskosten oft weniger als ein Viertel der Kosten in Deutschland betragen und auch andere Standards niedriger sind.

Positiv wurde in Weingarts registriert, dass auch viele Junglandwirte unter den Besuchern waren und auf eine Zukunft des Kirschenanbaus hoffen lassen. Um den "Kirschgarten der Metropolregion" auch weiterhin genießen zu können, müssen Verbraucher die Worte der Kreisbäuerin Christine Werner beherzigen: „Esst heimisches Obst!“

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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