Kriegsende vor 80 Jahren
Die letzten Kriegstage

- Eine Zeichnung von der ehemaligen Wehrmachtstellung am heutigen Heckacker, wahrscheinlich vom kürzlich
verstorbenen Georg Göttlinger. - Foto: Ernst Bayerlein (Repro)
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Vor 80 Jahren, am 8. Mai 1945, ging mit der Kapitulation Deutschlands der Zweite Weltkrieg zu Ende. Ernst Bayerlein beschreibt, wie die Bewohner im Erlanger Oberland diese letzten Tage des Krieges erlebten.
Die amerikanischen Soldaten erreichten am 16. April 1945 von Dormitz her gegen Mittag Kalchreuth, dabei wurden ein LKW in der Erlanger Straße und drei Scheunen im Rosenwinkel in Brand geschossen. Bei Kampfhandlungen fielen drei deutsche Soldaten, sie wurden zwei Tage später auf dem Kalchreuther Friedhof kirchlich beerdigt. Etwa 10 Soldaten der Waffen-SS gerieten in amerikanische Gefangenschaft und wurden in ein Lager gebracht.
Die meisten Männer aus den hiesigen Orten waren im Krieg, zurückgeblieben waren die Frauen, Kinder und Alte. In den Zeitungen standen immer mehr Todesanzeigen – oder es fehlte jede Nachricht vom Mann, Vater oder Bruder. In Kalchreuth verloren im 2. Weltkrieg 75 Männer ihr Leben für das „Deutsche Vaterland”, an sie erinnern Gedenktafeln in der St. Andreaskirche und seit 1987 ein offizielles Kriegstoten-Ehrenmal im Friedhof.
Flugabwehr zum Schutz von Nürnberg
Wo sich heute die Siedlung Am Heckacker befindet, wurden zur Verteidigung der Stadt Nürnberg ab 1939/1940 militärische Vorkehrungen getroffen, um feindliche Flugzeuge wahrzunehmen. Aufgestellt wurden ein Nachtsuch-Scheinwerfer, ein Funkmessgerät und ein Horchgerät, dazu eine Baracke für die 12 bis 15 Soldaten. Dort war die Zugbefehlsstelle untergebracht, die für Flak-Stellungen in Nürnberg-Neunhof, in Stettenberg, in Heroldsberg, auf dem Haidberg und in Großgeschaidt zuständig war. Es gab später noch mehrere Personen in Kalchreuth, die sich erinnerten, als im August 1942 ein Lancaster-Flugzeug der britischen Royal Air Force durch Flakbeschuss getroffen wurde und in der Nähe der Wolfsmarter im Wald abstürzte. Von der siebenköpfigen Besatzung hatte keiner überlebt, sie wurden zwei Tage später mit militärischen Ehren auf dem örtlichen Friedhof mit noch zwei weiteren toten Piloten aus anderen abgeschossenen britischen Maschinen bestattet. Nach dem Krieg wurden die Toten auf einen auswärtigen Soldatenfriedhof umgebettet.
Für die Kinder aus dem oberen Dorf war es interessant, bei den deutschen Soldaten zu sein, das Wasser wurde in der Fürther Straße geholt, die Verpflegung wurde im Gasthaus Sussner zubereitet und dort abgeholt. Ab 1944 kamen dann Flakhelfer, das waren 16- bis 17-jährige Jungen und später noch junge Frauen, als Flakhelferinnen, zur Unterbringung wurde eine große Baracke mit 18 Zimmern aufgestellt. Gekocht wurde dann im Gasthaus „Goldener Schwan” in der heutigen Hallerstraße.
Kalchreuth drei Wochen vorher eingenommen
Nachdem die Amerikaner am 16. April 1945 Kalchreuth eingenommen hatten, wurden alle Häuser nach Waffen und versteckten deutschen Soldaten durchsucht, weiter fanden auch Personenkontrollen statt.
Nachdem die deutschen Soldaten die Baracke verlassen hatten, wurde dort ausgeräumt, die Bevölkerung bediente sich und holte sich, was benötigt wurde. Auch für einige Evakuierte aus Nürnberg, die bei Fliegerangriffen in der Stadt alles Hab und Gut verloren hatten, war es die Gelegenheit, etwas Hausrat, Bettstätten, einen Schrank, einen Tisch und Stühle zu holen um sich im Behelfsheim wieder etwas einzurichten.
Später wurde die Baracke abgebaut und am heutigen Hofwiesenweg wieder aufgestellt, es wurden Vertriebene, unter anderem Geigenbauer aus dem Egerland, dort untergebracht. Um 1950 übersiedelten sie dann weiter nach Bubenreuth in die neue Geigenbauersiedlung. Etwa um 1968 wurde die Baracke abgerissen.
Nach der Einnahme von Kalchreuth stießen die amerikanischen Panzer mit aufgesessener Infanterie weiter auf der Straße nach Heroldsberg vor. Die in der Ziegelhütte (heute Reiterhof) stehende 20-Millimeter-Flak eröffnete das Feuer auf die Panzer, diese zogen sich daraufhin wieder zurück, der Vormarsch verzögerte sich um etwa drei Stunden, bis die übermächtige US-Feldartillerie die Flakstellung niedergekämpft hatte.
Viele Heroldsberger hatten aber etwas anderes zu tun: Plötzlich gab es Textilien ohne Kleiderkarten und in der Ziegelhütte wurde ein Lebensmittellager freigegeben noch bevor die Amerikaner kamen.
Es gab Glückliche oder Priviligierte, die das gerade noch rechtzeitig erfahren hatten, schreibt Friedrich Braun in seinem Buch „Der Zweite Weltkrieg in den nordöstlichen Vororten von Nürnberg”.
Sie konnten sich zentnerweise mit Mehl, Zucker, Fleisch- und Wurstkonserven eindecken. Während sich die Flak und die Panzergrenadiere zur Verteidigung einrichteten, bedienten sich Heroldsberger Bürger an den gelagerten Lebensmitteln, das Problem war nur der Abtransport. Ohne Schubkarre oder Leiterwagen war es fast unmöglich, die zentnerschweren Säcke heimzubringen. Auch sonst war dieses „Organisieren” nicht ohne Gefahr, es gab in der Umgebung Kampfhandlungen und eine Frau wurde beim Artillerie-Beschuss durch Granatsplitter verletzt. Das Ziegeleigebäude geriet später in Flammen und brannte vollständig ab, zusammen mit den restlichen Lebensmitteln.
In und um Heroldsberg gab es noch stärkeren deutschen Widerstand, es kam zu Gefechten mit den Amerikanern, bei denen über 30 Häuser und Scheunen in Brand gerieten, es gab etwa 150 Gefangene und 11 Tote.
Vorher war die Bevölkerung eindringlich davor gewarnt worden, der kämpfenden deutschen Truppe durch das Aufziehen weißer Fahnen in den Rücken zu fallen, es wurden schwerste Strafen angedroht. Der Angriff der Amerikaner ging weiter, Heroldsberg wurde eingenommen und einige Tage später auch Nürnberg, die Stadt der Reichsparteitage, sie fiel am 20. April 1945.
Hochprozentige Beute in Oberschöllenbach
In Oberschöllenbach hatte im Felsenkeller, wo heute alljährlich die Feuerwehr ein Fest feiert, ein großes Nürnberger Warenhaus den Wein und Schnaps eingelagert. Nach der Einnahme des Ortes machten sich die amerikanischen Soldaten und viele Deutsche, die dies mitbekommen hatten, über den Wein und Schnaps im Keller her. Sogar aus Eckenhaid waren Leute gekommen, um sich einzudecken, mit Leiterwagen und in Rucksäcken wurden die Flaschen abtransportiert, was wegen Artilleriebeschuss, Kampfhandlungen und Tieffliegern nicht ungefährlich war. Auch etliche Einheimische deckten sich insbesondere mit edlem Cognac ein. Bei mancher Hochzeit nach dem Krieg wurde die eine oder andere Flasche aus dem Versteck geholt, um auf das Brautpaar und auf den Frieden anzustoßen, so wurde es später noch erzählt.
Ernst Bayerlein
Autor:wochenblatt - Redaktion aus Eckental |
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