Nach Leserbrief
Klärendes Gespräch zwischen Arzt und wochenblatt-Redaktion

Symbolbild | Foto: pixabay

In einem Leserbrief in der Ausgabe 2020/45 vom 4. November (Seite 12) fragte ein Leser in der Überschrift „Eckentaler Hausarzt ein Verschwörungstheoretiker?“. Der namentlich nicht genannte (aber der Redaktion bekannte) Verfasser beschrieb seine Verunsicherung über öffentlich dargestellte Weltanschauungen des (ebenfalls nicht genannten) Arztes und fragte, wie andere Leser dazu stehen.

Nach der Veröffentlichung erreichten die Redaktion viele Zuschriften, positive wie negative, außerdem wurden im Internet auf wochenklick.de zahlreiche Online-Kommentare gepostet. Einer war zustimmend, mehr als 30 kritisierten den Leserbrief bis hin zu vereinzelten persönlichen Beschimpfungen des Verfassers und der Redaktion. In den Kommentaren fand sich auch sehr viel Lob für die Arbeit und Person des Mediziners – der an dieser Stelle erstmals genannt wird.

Sehr berührt über den persönlichen Zuspruch

Andreas Rosenberg, Arzt für Allgemeinmedizin in Eckenhaid, war auf Einladung der Redaktion gerne bereit zu einem klärenden Gespräch über die im Raum stehenden Vorwürfe. Gleich zu Beginn macht er deutlich, wie sehr ihn der positive Zuspruch berührt hat: „Da hatte ich Tränen in den Augen, als ich gesehen habe, wie sehr sich manche für mich eingesetzt haben“. Über den Leserbrief dagegen war er „sehr enttäuscht“ und nach wie vor rätselt er über die Absicht des Verfassers, der ihn ja auch persönlich auf seine Verunsicherung hätte ansprechen können. Er ist ihm (oder ihr) aber nach einer ersten Erregung im Nachhinein „nicht mehr böse“. Weiter verfolgen will er die Angelegenheit nicht. Zum einen, weil er im Leserbrief gar nicht namentlich genannt war, zum anderen will er keinen Streit suchen oder vertiefen.

Ein Leserbrief ist kein Redaktionsbeitrag

Einig waren sich der Arzt und der Herausgeber Andreas Unbehaun, dass ein Leserbrief die Aussagen des Verfassers wiedergibt und kein redaktioneller Artikel oder Beitrag ist. Unbehaun erläuterte die Kritierien für die Veröffentlichung eines Leserbriefes. Ein ganz wesentlicher Aspekt war im vorliegenden Fall, dass der Text keine persönlichen Angelegenheiten zwischen Arzt und Patient öffentlich machte. Er thematisierte vielmehr von Andreas Rosenberg selbst öffentlich gezeigte Darstellungen, die lange vorher in der Öffentlichkeit aufgefallen waren und bereits für Hinweise an die Redaktion gesorgt hatten. Man habe aber ganz bewusst darauf verzichtet, das Thema redaktionell aufzugreifen.

Dadurch gehe auch der oft formulierte Vorwurf der Denunziation an den Tatsachen vorbei, so Unbehaun: Dies würde bedeuten, jemand aus niederen persönlichen Beweggründen anzuzeigen. Diffamieren würde bedeuten, jemand zu beschimpfen oder ihm etwas Unwahres zu unterstellen. Alles dies sei im Leserbrief nicht erfolgt. Darin wurde niemand erniedrigt, verunglimpft oder beleidigt und es wurde nichts öffentlich gemacht, was nicht schon vorher aufgefallen wäre. Auch dass der Verfasser des Leserbriefes nicht genannt wurde, habe sich angesichts der persönlichen Angriffe in Online-Kommentaren, oft tatsächlich anonym, im Nachhinein als richtig erwiesen. Das gesteht Andreas Rosenberg nach einigem Abwägen auch zu – trotzdem fühlt er sich vom Leserbrief persönlich angegriffen und getroffen.

„Ich bin kein Corona-Leugner“

Es ist ihm wichtig, vorauszuschicken „ich bin kein Corona-Leugner“. Aber er vertritt eine andere Meinung zum „Maskenzwang“ als die Behörden oder Ärztekammern. Er will auch weiterhin Atteste zur Maskenbefreiung ausstellen, wann immer er es für sinnvoll und medizinisch geboten hält. Seiner Einschätzung nach ist vieles falsch an der Strategie zur Bekämpfung der Pandemie, abweichende Meinungen finden zu wenig Beachtung und es gibt so gut wie keinen offenen wissenschaftlichen Diskurs.

„Ich will nicht missionieren“, betont Andreas Rosenberg, aber „polarisieren“ will er durchaus – und seine Haltung deutlich machen und sich darüber unterhalten können. Diese kritische Haltung hat er deshalb auch offen sichtbar präsentiert, unter anderem mit einem Q-Symbol an der Sonnenblende seines Autos vor der Praxis. Das Symbol steht auch für die amerikanische QAnon-Bewegung und war im Leserbrief als dessen Anlass und Hauptsorge des Verfassers genannt. Über diese Gruppe, so Rosenberg, hat er sich gut informiert. Das Q-Symbol hat er aber schon entfernt, „es hat sowieso nicht gut an der Sonnenblende gehalten“.

Miteinander reden statt übereinander

Auch wenn man in vielen Dingen als Person oder Redaktion nach wie vor sehr unterschiedliche Meinungen hat, können sich Andreas Unbehaun und Andreas Rosenberg in einem anregenden Gespräch austauschen und einander in die Augen schauen. Das wochenblatt, so Unbehaun, werde auch weiterhin nicht die Augen verschließen vor Themen, die in der Öffentlichkeit im wochenblatt-Land präsent sind. Unbedingt nötig ist aber ein respektvoller und menschlicher Umgang miteinander, sind sich beide einig. „Zu uns können auch Menschen kommen, die anderer Meinung sind, die behandeln wir auch“, so Andreas Rosenberg. „Ich will das machen, was den Menschen gut tut, sie gesund macht und gesund erhält“.

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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