Der Gloss’n Hans macht sich Gedanken
Wahlkampf wie am Fischmarkt

- hochgeladen von Gloss'n Hans
Sie wer’n lachen, aber der Apostel Johannes hat es auf den Punkt gebracht: „Im Anfang war das Wort.” Vermutlich meinte er auch das gesprochene Wort, aber zum Glück liegt sein Evangelium schriftlich vor. Käme so eine Botschaft, die seit über 2000 Jahren einen Großteil der Menschheit prägt, heute in die Welt, wäre sie vielleicht im TV oder im Internet verpufft. Oder nach ein paar Tagen Himmel-und-Hölle-Geschrei wieder übertönt worden. So wie viele populärpolitische Botschaften, die nicht zum Durchlesen oder Überfliegen kursieren, sondern als Film.
Selbsternannte Meinungsmacher sprechen ihren Text spöttisch oder alarmistisch in eine Kamera. Ihnen zu folgen, fehlen mir Zeit und Nerven. Außerdem habe ich nicht mühsam jahrelang das Lesen erlernt und geübt, damit ich mir jetzt vorlesen lasse wie ein Vorschulkind.
Aus jener Zeit kenne ich noch das Sprichwort „Wer schreit, hat Unrecht.” Das stimmt nicht ganz, denn lügen kann man auch leise. Übertriebenes Geschrei auf der politischen Bühne ärgert derzeit auch eine Leserin: „Deutschland ist doch nicht der Hamburger Fischmarkt, wo Marktschreierqualitäten durchaus von Vorteil wären”, schreibt sie mir. Das einstige „Land der Dichter und Denker” solle sich lieber wieder auf diese Qualitäten besinnen und sich mit
Hirnschmalz den wichtigen Herausforderungen stellen. An der Wahlurne könne der erste Schritt getan werden.
Der Merz-Scholz-Tanz im TV am Sonntagabend war immerhin wieder sachlicher. Ganz ohne Geschrei kann man übrigens mit den Kandidaten reden, die jetzt fleißig im wochenblatt-Land unterwegs sind. In aller Ruhe, persönlich, ohne Wahl-O-Mat. Dort bin ich erschrocken über mein Ergebnis: „Menschliche Welt”. Klingt schön, ist aber Traumtänzerei – und steht nur in Bremen zur Wahl. Ahoi.
Ihr Gloss’n Hans
Autor:Gloss'n Hans aus Eckental |
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