Sparkasse Forchheim lud zum Bildungsforum
Neurowissenschaftler zu Gast

Neurowissenschaftler Prof. Dr. Joachim Bauer konstatiert beim Bildungsforum: „Es gibt kein Kind ohne irgendein Potenzial.”
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Das Bildungsforum der Sparkasse Forchheim und des Staatlichen Schulamtes lockte mehr als 200 Zuhörer in die Schalterhalle. Schließlich war mit dem Neurowissenschaftler Prof. Dr. Joachim Bauer aus Berlin ein bekannter Buchautor zu Gast. Es ging in seinem Vortrag darum, wie man Kinder und Jugendliche erreichen und motivieren kann. Es wurde ein kurzweiliger und inspirierender Abend voller pädagogischer Hinweise.

„Das Wissen alleine macht noch keinen guten Lehrer”. Viel wichtiger ist es, dass zwischen Lehrer und Schüler eine Beziehung besteht. Dass die Pädagogen sich dem Kind zuwenden, es wahrnehmen und damit ernst nehmen. „Wir können auch Kindern viel beibringen, die nicht Einsteins Gehirn haben”. Der Schlüssel sei die Motivation. Die kommt durch das Glückshormon Dopamin zustande. Das aber werde immer dann ausgeschüttet, wenn das Belohnungssystem im Gehirn tätig werde. Aktiviert wird es etwa durch ein freundliches Gesicht, in das man blickt. „Kommen Sie also nicht mit einem grimmigen Gesicht ins Klassenzimmer”. Aktiviert wird es auch durch Hilfsbereitschaft. Wenn man dem Kind klarmacht, dass man sich um es kümmert. Freilich ohne in Wattepädagogik abzugleiten oder alles schönzureden. Aktiviert wird es auch in den Momenten, in denen das Kind von sich, seinen Ideen und Träumen, reden darf. „Wenn es merkt, dass tatsächlich jemand zuhört”. Aktiviert wird es aber auch durch Sport und Musik. Wenn man in diesen Fächern spare, dann schieße man sich dadurch ins eigene Knie.

Aber was ist denn eine Beziehung? Für Bauer entsteht sie durch Resonanz und Spiegelung. Dafür gibt es Hirnareale, die dann aktiv werden, wenn man eine Bewegung beobachtet – Lernen am Modell. Ein Beispiel ist das Gitarrespielen. „Das Gehirn übt dann heimlich mit”. Noch bevor der Schüler selbst das Instrument in Händen hält. Deshalb seien Sprache und Körpersprache einer Lehrkraft nicht ganz unwichtig „Wenn man als Pädagoge echtes Interesse an den Schülern, einen grundsätzlichen Optimismus und die Liebe zum eigenen Schulfach vorlebt, dann wirkt sich das auch auf die Schüler aus”. Auch auf die sogenannten schwierigen Schüler, die genau registrierten, wie man sie wahrnimmt. Deshalb gelte es, Bloßstellung, Lächerlichmachen und Beschämung zu vermeiden. „Es gibt kein Kind ohne irgendein Potenzial”. Man müsse dem Kind nur vermitteln, dass man daran glaube, dass aus ihm etwas werden kann. Bauer nennt es Möglichkeitsräume. „Das ist kein Voodoo-Zauber, sondern solide Neurowissenschaft”.

Ein großes Problem an Schulen sind Aggression und Gewalt. „Die können wir nur niederhalten. Ganz abschaffen können wir sie nicht. Der Mensch ist nicht von Natur aus gut”. Es gehe nun darum, Selbstbeherrschung einzuüben. Bauer räumt ganz nebenbei mit einigen angeblichen Gewissheiten auf. „Es werden viele Theorien herumerzählt”. Etwa dass kleine Kinder möglichst bald digitale Kompetenz erwerben müssten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse erzählten hingegen eine ganz andere Geschichte. Digitale Endgeräte jeder Art bereits in der Grundschule seien gesundheitsschädlich. Sie schädigten die jungen Augen, beförderten Übergewicht, sorgten für eine gestörte Impulskontrolle und verschlechterten die Lernleistungen nachweisbar. Ganz zu schweigen von den Folgen übermäßiger Smartphone-Nutzung bei Jugendlichen. Dort messe man eine drastische Zunahme des Risikos, an einer Depression, einer Angst- oder Körperstörung zu erkranken. Es gebe viele Teenager, die längst jede Kontrolle verloren hätten. „Es ist eine Sucht”. Ein Teufelskreis aus Rückzug aus Freundschaften und Freizeitaktivitäten und noch mehr Gaming-Zeit entstehe. „Aber all diese Daten passen nicht zum Verkaufsdruck, der vor allem auf Bildungsmessen erzeugt wird”. Bauer hat einen Rat, den Sozialarbeiter schon seit Jahrzehnten geben: „Kommen Sie mit den jungen Leuten ins Gespräch”.

Viele Grundschullehrerinnen im Saal wissen aus ihrer langjährigen Erfahrung, was ihnen der Professor aus Berlin da berichtet. Freilich argumentiert Bauer nicht mit einem vagen Bauchgefühl, sondern mit harten neurowissenschaftlichen Fakten. Er kann alle Behauptungen mit umfangreichen Studien der letzten zwei Jahrzehnte belegen und hat darüber schon mehrere Bestseller geschrieben. „Die Mehrheit von Ihnen macht es sicherlich richtig. Ihnen stärke ich den Rücken”. Nach zwei unterhaltsamen und anregenden Stunden ging die Diskussion noch abseits der Scheinwerfer weiter. Auch das ist eine Stärke des Sparkassen-Bildungsforums.

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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