Hilfe aus Heroldsberg für Kinder in Nepal
Interview mit CoIN-Gründer Heinrich Ferschmann

Heinrich Ferschmann in Kathmandu mit Dolmetscher Jaya (links) und Balram, dem Leiter des Hostels.
 | Foto: privat
  • Heinrich Ferschmann in Kathmandu mit Dolmetscher Jaya (links) und Balram, dem Leiter des Hostels.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von wochenblatt - Redaktion

Nepal – das Land mit dem höchsten Berg der Erde, mit Magie, beeindruckender Kultur und Schönheit – das ist die eine Seite, die andere ist geprägt durch Armut der Bevölkerung, sehr viele Analphabeten und geringer Lebenserwartung der Menschen. Behinderte haben es hier besonders schwer, im gesellschaftlichen Gefüge sind sie am untersten sozialen Rand angesiedelt. Medizinische Betreuung ist nur spärlich vorhanden.

Heinrich Ferschmann aus Heroldsberg und der Verein „CoIN“ (Cochlea Implantate Nepal), 2010 gegründet, haben es sich zur Aufgabe gemacht, gehörlosen Kindern konkret zu helfen, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Ernst Bayerlein sprach mit Heinrich Ferschmann über dessen Beweggründe und die Ziele des Vereins.

Wie sind Sie auf das Problem Gehörlosigkeit in Nepal aufmerksam geworden und was war für die Gründung des Vereins ausschlaggebend?
Vor Ort in den Bergen des Himalaya und in einer Schule in Naxal in Kathmandu habe ich erlebt, welchen Stellenwert in der Gesellschaft in Nepal gehörlose Menschen haben. Im gesellschaftlichen Gefüge sind sie am untersten sozialen Rand angesiedelt. Aufgrund ihrer Religion betrachten Nepalesen eine Gehörlosigkeit als eine Strafe für die gegenwärtige und frühere Lebensweise. Behinderte haben demzufolge ihren Zustand „durch ihre schlechten Taten selbst verschuldet“. Das ist grausam, bei uns ist die Gehörlosigkeit eine Krankheit.

Welches Projekt fördern Sie?
Der Besuch von Gehörlosenschule und die Unterbringung in einem Hostel wird von Sponsoren sowie aus den Einnahmen des Vereins finanziert. Auch werden Kinder, die normale Schulen besuchen und deren Eltern mittellos sind, von Sponsoren unterstützt. Die Kinder können in einem Berufsausbildungszentrum einen Beruf mit Berufsgarantie erlernen. Die Kosten übernehmen CoIN oder die Sponsoren.

Wir bezuschussen die Operation von gehörlosen Kindern. Durch Einsetzen eines Cochlea Implantats können die Kinder wieder hören und dadurch wieder sprechen. Die erforderliche Nachsorge – eine Logopädie - wird ebenfalls von ¬CoIN übernommen. Bisher konnten 31 Kinder erfolgreich operiert werden. Die Operationen wurden in der Universitätsklinik Kathmandu vorgenommen, wobei die Ärzte unentgeltlich operieren.

Viele Krankheiten entstehen und bestehen wegen der schlechten Wasserqualität in Nepal. Wer wohlhabender ist, trinkt nur industriell abgefülltes und verplombtes Wasser aus Flaschen, die Armen erkranken. Mit dem Wasserfilter PAUL ist es möglich, täglich 1200 Liter Trinkwasser herzustellen. Wir haben bisher 14 Filter finanziert.
Eine Bibliothek wurde aufgebaut und wird laufend mit neuen englischsprachigen Büchern ergänzt.

Aus wie vielen Mitgliedern besteht der Verein?
Aktuell 196 Mitglieder. Davon etwa 50 % aus Heroldsberg und den umliegenden Gemeinden. Die restlichen Mitglieder verteilen sich auf Deutschland, England, Österreich und die Schweiz. Der Jahresbeitrag beträgt mindestens 10 Euro, man kann natürlich auch mehr geben.

Wer macht die ganze Arbeit?
Die Hauptlast trägt wie in jedem Verein der Vorstand. Das weiß man bereits im Vorfeld, wenn man sich dafür entscheidet, ein Hilfsprojekt im Ausland zu gründen.

Was erschwert die Aufgabe im Ausland?
In Nepal ist grundsätzlich alles anders als bei uns. Die Menschen sind wesentlich freundlicher und zuvorkommender. Danke und Bitte gehören zum Wortschatz bereits bei den Kindern.
Die nepalesische Verwaltung ist sehr träge, bürokratisch und unterstützt Hilfsprogramme aus dem Ausland nur zurückhaltend. Besonders seit dem Erdbeben im Jahr 2015 liegen große Teile der ohnehin dürftigen Infrastruktur noch im Argen.

Die Corona-Krise betrifft natürlich auch Nepal. So laufen die Schulbesuche nach mehreren Lockdowns nur schleppend an. Ein Distanzunterricht ist wegen fehlender Endgeräte nicht möglich.

Zur Kontaktaufnahme: Briefe und Postkarten zu schreiben ist sinnlos. Bereits vier Briefmarken genügen, um eine Familie einen Tag zu versorgen.

Dank Mailprogrammen und Messangerdiensten ist es einigermaßen möglich, Kontakt zu halten. Wir haben Glück, dass wir drei Helfer vor Ort haben, die sich sehr engagieren und uns helfen. Ein Helfer spricht perfekt Deutsch, das erleichtert die Arbeit erheblich. Ideal ist es, wenn man vor Ort ist und die Kontakte pflegen kann.

Sind Sie häufig in Nepal?
Es gelingt mir, alle 2 Jahre nach Nepal zu reisen. Häufig begleiten mich auch Mitglieder des Vorstandes oder an Nepal interessierte Mitglieder. Die Besuche sind sehr emotional und führen immer wieder vor Augen, dass wir hier in Deutschland im Paradies leben. Die Reisen werden natürlich privat bezahlt. Für den Verein entstehen keinerlei Kosten. Alle Vorstandsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. Das versteht sich von selbst.

Haben Sie noch weitere Projekte vor?
Ja, es gibt noch sehr viele Möglichkeiten zu helfen. Aber man muss sich auf einige Projekte beschränken. Was wir auf alle Fälle noch erreichen wollen ist für die gehörlosen Kinder ein menschenwürdiges Hostel zu erwerben. Da laufen seit Jahren schon Bemühungen. Aktuell konnten wir durch die Vermittlung von www.wiederaufbau-bhaktapur.de (Familie Kohl) einen neuen, vielversprechenden Kontakt bekommen.

Die finanziellen Mittel dafür bereit zu stellen, ist eine enorme Herausforderung. Etwa 280.000 € wären dafür nötig. Wer aber die Verhältnisse in den Hostels kennt, kann die Idee und die Notwendigkeit verstehen.

Ihnen wurde vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz am Bande für Ihr Engagement verliehen, wie war die Resonanz?
Für mich und meine Vorstandsmitglieder sowie viele Interessierte sehr erfreulich, ist es doch eine Anerkennung für das Geleistete und für das Hilfsprojekt. Die von der Marktgemeinde Heroldsberg organisierte Verleihung war im festlichen Rahmen und wunderschön.

Ohne Spenden ist es ja nicht möglich ein Hilfsprojekt erfolgreich zu führen. wie werden die Sponsoren auf das Hilfsprojekt aufmerksam?
Die meisten Sponsoren erreicht man in einem persönlichen Gespräch und mit dem Hinweis auf unsere Homepage und auf die in unregelmäßigen Abständen erscheinenden neuen Nachrichten. Sehr viele Sponsoren sind Teilnehmer von Trekkingtouren, die Kurt Michel aus Augsburg durchführt (www.nepaltour.de).

Sehr erfolgreich ist die Mundpropaganda. Beindruckend und zugleich berührend war die Spendenaktion der ersten und zweiten Klasse der Volksschule in Kalchreuth. Ein Vorstandsmitglied und ich hatten an einem Vormittag kindgerecht unsere Projekte vorgestellt. Die Kinder plünderten ihre Sparscheine oder verzichteten auf Taschengeld. 780 €uro kamen zusammen. Weitere Einnahmen kommen aus dem Verkauf unserer Kalender mit wunderschönen Bildern aus Nepal, dem Himalaya und unseren Projekten.
Die Kalender sind ab sofort über den Verein oder direkt bei Heinrich Ferschmann erhältlich. Kontaktdaten unter: www.coin-ev.de

Ernst Bayerlein

Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

75 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.