"Gschaader Sangesbrüder" singen seit 1870
150 Jahre MGV Groß- und Kleingeschaidt

Der MGV Groß- und Kleingeschaidt beim Auftritt als Chorgemeinschaft MGV Groß- und Kleingeschaidt / MGV Röckenhof unter der Leitung von Chorleiter Alexander Ezhelev beim Jubiläumskonzert 50 Jahre Liederkranz Kalchreuth am 9. November 2019 | Foto: Georg Heck
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  • Der MGV Groß- und Kleingeschaidt beim Auftritt als Chorgemeinschaft MGV Groß- und Kleingeschaidt / MGV Röckenhof unter der Leitung von Chorleiter Alexander Ezhelev beim Jubiläumskonzert 50 Jahre Liederkranz Kalchreuth am 9. November 2019
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Der Männergesangverein 1870 Groß- und Kleingeschaidt darf heuer erfreut auf eine beachtliche 150-jährige wechselvolle Geschichte zurück blicken. Der Gesangverein der beiden bis zur Eingemeindung 1978 ehemals eigenständigen Dörfer Großgeschaidt, mit aktuell 596 Einwohnern und Kleingeschaidt mit 236 Bürgern ist der zweitälteste und einer der traditionsreichsten Vereine der Marktgemeinde Heroldsberg. Der MGV wollte natürlich verständlicherweise sein 150-jähriges Bestehen gebührend feiern.Dazu hatte er zu diesem außergewöhnlichen Jubiläum am 18. April einen standesgemäßen „Großen Jubiläumsfestabend“ mit „Festakt zum 150 jährigen Bestehen“ verbunden mit einem Jubiläumskonzert gestaltet als „Heimatlicher Musikabend“ im Heroldsberger Bürgersaal geplant. Für dieses Geburtstagskonzert hatten acht Gesangvereine zugesagt und wollten den Gastgebern ein unvergessliches Jubiläum bereiten. Unter dem Motto „150 Jahre MGV Groß- und Kleingeschaidt – das ist ein erstklassiger Grund zum Feiern“ wollten die Chöre MGV Röckenhof (langjähriger Partnerchor des MGV Groß- und Kleingeschaidt), MGV Sängerlust Eschenau, MGV Liederkranz Brand, MGV 1848 Kalchreuth, MGV Eintracht Thurn, Unity Singers Heroldsberg, Liederkranz Kalchreuth und Aurora Oberschöllenbach, für alle Musikliebhaber und Freunde regionaler Chöre mit einem interessanten Programm aufwarten. Es sollte ein musikalischer Höhepunkt im Jahreskalender der beiden Heroldsberger Ortsteile, sowie der ganzen Gemeinde Heroldsberg werden.
Doch die aktuellen allgemeinen Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen wegen der Corona Pandemie machten einen gewaltigen Strich durch die Rechnung des Jubelchores. Nach Abwarten der weiteren Entwicklung der im Moment noch gebotenen Auflagen und Einschränkungen, mit Masken- und Distanzgebot im Sinne der gesellschaftlichen Verantwortung, hatte der Verein in seiner Strategie den Sonntag, 4. Oktober, für das Jubiläumsfest ins Auge gefasst. Doch der „Gschaidter Sängervorstand“ Hans Ziegler sieht diesen Termin aber auch schon nicht mehr durchführbar. „Wegen der benötigten Übungsstunden der beteiligten Chöre für das Konzert ist der Termin, auch wegen der obligatorischen Sommerpause, schon schwierig machbar.“ Im Moment hat man überhaupt noch keine Vorstellung vom sinnvollen Verhalten gemeinsam singender Menschen. Auch der Bayerische Sängerbund und der Deutsche Chorverband halten sich diesbezüglich mit Weisungen und Empfehlungen sehr bedeckt. „Wir haben jetzt einmal den Druck herausgenommen und die Feierlichkeiten, die man ja gerne annähernd im ursprünglichen Rahmen durchführen will, in den Mai nächsten Jahres verschoben“, so der nicht zu beneidende Vorsitzende.

Alte Chronik in Versform
In den 1302 erstmals als Ort „Gescheyth“ urkundlich erwähnten Höhenzugsdörfern Groß- und Kleingeschaidt folgten die sangesfreudigen Männer schon lange der Tradition des gemeinsamen Gesangs. Laut der in interessanter „altdeutscher“ Versform verfassten, überlieferten Vereinschronik beschlossen mehrere Ökonomen von Groß- und Kleingeschaidt einen Gesangverein zu gründen. Im Jahre 1870, zu einer großen Zeit als Deutschland wurde einig, als Bismarck schuf das Reich. Aus der „Lust am Singen“ war man gewillt fortan im Verein gesellig das Lied zu pflegen, dass es rein erklinge, aufwärts zum Himmel zieht. Im Vereinsfundus existiert sogar noch die original übersetzte Gründungssatzung, erstellt in Kleingeschaidt am 29. Mai 1870, unterzeichnet vom Vorstand Andreas Walter und Vereinsdirektor August Braun, daneben gab es noch einen Sekretär und den Kassier. Darin heißt es „der Zweck des Vereins ist die Vereinigung von aktiven und passiven Mitgliedern aus allen Ständen zur geselligen Unterhaltung, diese versteht sich aus Konversation und namentlich aus Gesang“ und weiter „der Sonntag wird als besonderer Gesellschaftstag des Vereins bestimmt“! Die Aufnahmegebühr betrug seinerzeit 30 Kreuzer und der monatliche Vereinsbeitrag für aktive und passive war 12 Kreuzer „für die Bestreitung der ökonomischen Bedürfnisse“, wie es heißt.
Der Männergesangverein ist fester Bestandteil der Dorfkultur
Erster Dirigent war Lehrer Helmreich aus Kalchreuth als Vorstand ihm zur Seite stand Herr Leibold Nr. 1 (so wörtlich), sie leiteten den Chor beständige 25 Jahre. Mit der Zeit wurde der Männergesangsverein zu einem festen Bestandteil der Dorfkultur, regelmäßig und zu verschiedensten Gelegenheiten erklangen die Stimmen der „Gschaader Sangesbrüder“. Während der Kriegsjahre ruhte das Vereinsleben, da viele Sänger auf den Kriegsschauplätzen in ganz Europa als Soldaten Dienst tun mussten, leider kehrten viele von ihnen nie mehr zurück. Besonders auffällig in der Vereinsgeschichte ist das Wirken von Bäckermeister Horlamus (Großvater des jetzigen Vorstandes) als langjähriger Direktor und Vorstand, der mit 90 Jahren den Tenor noch hell und rein sang. Nach dem 1. Krieg verhalfen Vorstand Hans Fensel und der Lehrer und Dirigent Wilhelm Schön den Verein zu neuer Blütezeit. Danach folgten Vorstände wie Georg Zeuch, Leonhard Meyer und Robert Fischer mit teilweise langen Amtszeiten. Weitere verdiente Namen waren Prießmann, Braun und Brosel, die den Verein führten.
Die Vereinsfeiern wie die jährlichen Stiftungsbälle und zu Weihnachten mit Verlosung fanden wahrscheinlich auch schon vor dem Krieg, bis in die 1980er Jahre in den Tanzsälen der inzwischen geschlossenen Gasthäuser Grüner Baum in Kleingeschaidt und Gasthaus zur Linde in Großgeschaidt statt. Zu den Festlichkeiten wurden auch meistens der Patenverein Einigkeit Heroldsberg und der befreundete Verein aus Günthersbühl eingeladen. Auch die Chorproben waren abwechselnd in den Wirtshäusern, wobei das Gasthaus zur Linde bis zur Schließung das Vereinslokal war. Danach fanden die Proben im Gasthaus Prießmann in Großgeschaidt, nach deren Aufgabe im Feuerwehrhaus Großgeschaidt statt. 1960 wurde das 90-jährige Gründungsfest im Simonsgarten am Ortausgang von Großgeschaidt nach Kleingschaidt mit großem Festumzug, Totengedenken am Friedhof und Weihe der neu angeschafften Vereinsfahne, gefeiert. Laut der alten Rechnungsbelege waren die damaligen Kosten der Vereinsfahne 1255 DM, die Blaskappelle Stempel spielte von 11 bis 19.00 Uhr für 575 DM zur Unterhaltung und von 20 Uhr bis 1 Uhr zum Tanze für 250 DM.

Bereits 1970 die höchste Auszeichnung
Zehn Jahre später fand dann auch am Ortsausgang das 100-jährige Vereinsjubiläum im Festzelt statt. Anlässlich dessen wurde dem Verein in Rothenburg die Zelterplakette, die höchste Auszeichnung vom Deutschen Sängerbund, dem Vorgänger des jetzigen Deutschen Chorverbandes verliehen. Das110-jährige Bestehen wurde in kleinerem Rahmen noch im Gasthaus Grüner Baum in Kleingeschaidt gefeiert. Das 140-jährige fand dann schon im Vereinsraum über den Kindergarten, im Rahmen des alljährig veranstalteten Frühlingssingens statt.

Als Chorgemeinschaft erfolgreich aktiv
Der eigenständige Geschaidter MGV hat im Jubiläumsjahr leider nur noch elf aktive Sänger. Wegen der seit längerem personell ungenügenden Situation ist ein richtiges singen als Chor nicht mehr möglich. Aus diesem Grund ist man seit dem 6. Oktober 2009 mit dem, mit dem gleichen Problem behafteten, Nachbarverein MGV Röckenhof 1893 eine singtechnische Fusion als Chorgemeinschaft eingegangen. Vorteilhaft war dabei, dass der versierte Chorleiter Alexander Ezhelev vor der Verbindung beide Vereine dirigierte und jetzt auch die Chorleitung hat. Die singende Männerchorgemeinschaft Groß- und Kleingeschaidt / Röckenhof funktioniert gut und zeigt sich immer wieder bei den verschiedensten Gelegenheiten sehr aktiv. Die Vorstandschaft im Jubiläumsjahr bilden neben Vorstand Hans Ziegler seit 2006, 2. Vorstand Erwin Lohne, Kassier Georg Meyer (seit über 50 Jahren), Schriftführer Reinhold Hetzner und Vereins-Impresario Karl Hütter, alles langjährige Sänger und verdiente Funktionäre. (Georg Heck)

Der MGV Groß- und Kleingeschaidt beim Auftritt als Chorgemeinschaft MGV Groß- und Kleingeschaidt / MGV Röckenhof unter der Leitung von Chorleiter Alexander Ezhelev beim Jubiläumskonzert 50 Jahre Liederkranz Kalchreuth am 9. November 2019 | Foto: Georg Heck
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Autor:

wochenblatt - Redaktion aus Eckental

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